Guatemala: Keine Nachricht aus Guatemala, nur Verzweiflung und Schmerz
16. Mai 2011 | Kategorie(n): Noticias, Noticias GuatemalaEs gibt Tage, da sitzt man Stunde um Stunde vor dem Bildschirm, um die noticia der Woche zu dem Land, dem man sich besonders verbunden fühlt, zu verfassen, und es will nicht gelingen. Man hat sich einige interessante Themen zurechtgelegt wie z.B.: Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú kandidiert bei den Präsidentschaftswahlen am 11. September. Chancen werden aber nicht ihr und ihrem Bündnis aus linken und indigenen Parteien und Gruppierungen eingeräumt, sondern dem rechtsgerichteten Hardliner, ehemaligem Geheimdienstchef und mutmaßlichem Kriegsverbrecher Otto Peréz Molina, allenfalls auch noch der populistischen Sandra Torres, die sich kürzlich von ihrem Mann, dem amtierenden Präsidenten Álvaro Colom, scheiden ließ, um kandidieren zu können. Ex-Präsident Alfonso Portillo, der als Staatschef 2001 zusammen mit seinem Verteidungs- und dem Handelsminister über 40 Millionen Euro veruntreut haben soll, wurde von einem guatemaltekischen Gericht freigesprochen. Er könnte jetzt in die USA ausgeliefert werden, wo ein Verfahren wegen Geldwäsche anhängig ist. Gleiches steht einem der gesuchtesten Drogenbosse Zentralamerikas bevor. Waldemar Lorenzana Lima alias „Der Patriach“ wurde in einer gemeinsamen Aktion von guatemaltekischer Polizei, der US-Antidrogenbehörde DEA und dem FBI etwa 65 km von Guatemala-Stadt entfernt festgenommen. Während man überlegt, welche Nachricht man auswählt, bleibt jedes zweite Kind in Guatemala unterernährt, rückt, vorhersehbar wie jedes Jahr, die nächste saisonale und regionale Hungersnot nahe. Hubschrauber bombardieren indes die vertriebenen Bauern im Polochic-Tal, während diese versuchen, ihre Maisernte zu retten, und private Sicherheitskräfte schießen auf sie. Hier also nähern wir uns dem Grund der Schreibblockade: Ein gewaltsamer Tod ist so normal, so alltäglich in Guatemala, dass man kaum eine Nachricht daraus machen kann: Vor zwei Tagen z.B. wurde Héctor Amílcar Lucas Méndez vor seinem Haus in der Provinzhauptstadt Santa Cruz del Quiché erschossen. Er war Neffe des Menschenrechtsaktivisten Amílcar Méndez und hatte es gewagt, Anzeige gegen die mutmaßlichen Mörder seines Bruders zu erstatten. Mynor Lucas Méndez, der sich gegen Korruption bei der Feuerwehr in Quiché zur Wehr gesetzt hatte, war im August 2010 erschossen worden. Sein Cousin, Amílcars Sohn Pepe, im August 2007 (siehe Interview mit Amílcar Méndez).
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